Die Geschichte des „gestrandeten“ Bootes an der Mündung des Tagliamento

Viele kennen das alte Boot, das vor dem Restaurant Al Cason in Lignano Riviera an der Mündung des Tagliamento „im Wasser gestrandet“ liegt. Warum befindet es dort? Wem gehört es?

Giosuè Cuccuruolo, Betreiber der Seite „Riserva naturale Foce del Tagliamento“, hat sich direkt an den Besitzer des Bootes, Fernando Tempo, gewandt. Diese Geschichte möchten wir gerne mit euch teilen:

Es war im Jahr 1959, als Kapitän Tempo in der Norwegischen See nach Kabeljau fischte. Er war ein erfahrener Seemann, er war bereits mit 14 Jahren mit seinem Vater auf See unterwegs. Als er mit seinem großen Fischerboot auf dem kalten und stürmischen Meer unterwegs war, sah er kleine Boote, die sicher und geschmeidig durch die Gewässer fuhren. 

Es waren Holzboote, mit einem Cockpit, einem verkleideten Heck und viel breiter als die Boote, die er hier an der oberen Adria zu sehen gewohnt war. Sie waren in der Regel mit zwei oder drei Matrosen besetzt und dienten der Fischerei nach Barschen, wurden aber auch für andere Zwecke, wie den Transport von Steinen, Holz oder anderen Materialien eingesetzt.

Er war so fasziniert von diesem Mehrzweckboot, mit seinem sicheren und robusten Aussehen, dass er sich auf die Suche nach einem solchen Boot machte, um es zu kaufen und hierher nach Lignano zu bringen, wo er lebte.

Am Ende seiner Zeit als Kabeljaufischer machte er sich in Norwegen auf die Suche, bis er eines dieser Boote fand. Er wurde fündig. Ein Boot unter französischer Flagge war es, das in einem kleinen Hafen vor Anker lag. Nach Verhandlungen mit dem Eigentümer einigten sich die beiden auf den Verkauf des Schiffes und Kapitän Tempo wurde der neue Eigentümer.

Von hier aus stellte sich jedoch das Problem des Transports zum Ufer des Tagliamento. Es war 1959, und Kuriere und Kommunikation waren sicherlich nicht so wie heute, aber an Einfallsreichtum mangelte es nicht. 

Kapitän Tempo hatte eine Idee: Er kehrte schnell nach Hause zurück und begab sich in das damalige internationale Industriezentrum, die Stadt Manzano. Er suchte nach einem Unternehmen, das Möbel nach Norwegen transportierte. Er fand es und stimmte zu, sich einer Expedition anzuschließen, die in den nächsten Tagen nach Skandinavien aufbrechen würde.

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Nach einer mehrtägigen Reise kamen sie in Norwegen an, luden die Möbel aus und fuhren mit leerer Ladung zum Hafen, wo das Boot, das der Kapitän gekauft hatte, festgemacht war, luden es auf den Anhänger und fuhren in Richtung Italien.

In Italien angekommen, wurden die notwendigen Wartungsarbeiten durchgeführt und das Schiff wurde unter italienischer Flagge in der Adria zu Wasser gelassen und zu Ehren des Schutzpatrons der venezianischen Seeleute auf den Namen „San Marco“ getauft.

Die San Marco wurde viele Jahre lang als Fischereifahrzeug eingesetzt und ihr leistungsstarker 90-PS-Ford-Achsenpropellermotor fiel nie aus. In der ruhigen Adria war es ein Vergnügen damit zu fahren und das breite Profil des nordischen Schiffes sorgte für Sicherheit und Stabilität beim Fischen.

Das Boot wurde bis Anfang der 90er Jahre auf diese Weise genutzt, als Tempo beschloss, einen Fischerei-Tourismus-Service einzurichten. Dieser Dienst dauerte bis 2012. Kapitän Tempo ging in den Ruhestand und beschloss, den alten Ford-Motor und den Treibstoff zu entfernen und das Boot in Erinnerung an seine Geschichte dort zu belassen, wo wir es jetzt sehen können.


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Diese Sache ist nach wie vor umstritten und wird zwischen denjenigen, die das Wrack entfernen lassen wollen, und denjenigen, die es als eine Art Denkmal betrachten, immer wieder diskutiert.

Dies ist somit die Geschichte des an der Mündung des Tagliamento „gestrandeten Bootes“, das jeder schon einmal gesehen, fotografiert und vielleicht auch liebgewonnen hat. Auch wir haben Kapitän Tempo getroffen. Ein Foto und eine Reise durch die Region Friaul findet ihr hier: Link zum Foto und zur Reise


Text: Original auf Italienisch von Giosuè Cuccuruolo, Übersetzung in Deutsch von Christoph Winter
Fotos: Michael Lando, Giulia Angelica Vincenzino, Giosuè Cuccurullo, 365 giorni sul mare, Christoph Winter

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